Einmalige Walderlebnisse

          Wer die Ruhe nicht im  W a l d  findet,  wird sie                                      woanders vergeblich suchen                                                                             (Hl. Bernhard, Abt und Mystiker um 1200)

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DAS WALDVIERTEL  ist  eine  landschaftliche  Augenweide  und  verdient  es daher,  dass  es  auch  aus touristischer Sicht verkehrsmäßig  besser  erschlossen  wird,  denn vor allem die Ur-lauber,  welche  über  die  westlichen  Nachbarländer anreisen,  sind  bei  ihrer  Fahrt  die  letz-ten 25  bis 30  Kilometer mit  "ungewohnt  veralteten"  Straßen  konfrontiert.  Aber  die, echte Ruhe-  und  Erholungsuchenden,  welche  unterwegs  sind,  weil  sie  - ob  aus Interesse  oder   Erfahrung -  Sehnsucht  nach  diesem  "Refugium  der  Stille"  haben,  werden  sich  etwa  eine    halbe  Stunde vor ihrem  Ziel  auch  von  einer  in  die  Jahre  gekommenen  schmalen,  kurvi-   gen  Asphalt - Landstraße  nicht  abhalten  lassen,  um  einmal  eine  "andere  Welt"   zu  erle-   ben.  Denn, in der Tat  wird  das  Waldviertel  von  Besuchern  oft  als  "uriges  Eldorado"  be -     zeichnet. Diese Meinung stammt nicht von ungefähr,  wie jeder neuangekommene Gast bald  feststellen wird.  Der außergewöhnliche Landesteil  "ganz oben"  in Österreich kann  nämlich     mit keiner anderen Gegend verglichen  werden.  (Schon gar nicht mit einem standardisierten,  geschniegelten und  turbulenten  Urlaubsort !).  So erwartet die Besucher bei ihrer Ankunft ei- ne unverfälschte,  hügelige und sehr stimmungsvolle Landschaft, die mit ihrem  zurückhalten-tenden  Zauber,  dem  Ankommenden  n i c h t   gleich  im  ersten Moment  vereinnahmt oder "stürmisch um den Hals fällt",  sondern  sich von  jedem Naturfreund  buchstäblich "schrittwei-se"  entdecken  lassen   will.  Daher  lernen  die  unvoreingenommenen  Gäste  das  Land  mit  "seinen tausend  Geheimnissen"  meistens  erst nach einigen Tagen  wahrlich  kennen,  wenn sie beim  gemächlichen  Wandern  inmitten bunter  Wiesen,  entlang  blühender  Felder sowie im allgegenwärtigen  grünen  Nadelwald,  vom Zauber des Waldviertels inspiriert werden und   dann  nach  einigen  Tagen unvermeidlich mit der Natur in  ihrer  atmosphärischen  Gelassen-  heit  in  einem  ganz vertraulichen  Einklang  gelangen.                                                                                   DABEI  WERDEN  AUCH  DIE   unzähligen  Privilegien  des  Waldes  mit  seinem            magisch, natürlichen Aura und der nachgewiesenen therapeutischen Sphäre in einem idylli-schen  Umfeld,  erstmals freudig wahrgenommen.  Nur so  einfach,  wie  sich  das -  ein noch  im  Alltag  des  Berufslebens  verhedderter  Großstädter,  (dem wir  bei  seinem  ersten  Aus-gang  in  Richtung   immergrünen  Forst  inkognito  "auf  den  Fersen"  bleiben)  -  vorgestellt hat,  ist dieses Unterfangen gar nicht. Denn der Erholungssuchende würdigt in seiner Hektik ein munter quirlendes  Bächlein auf der rechten Seite seines Weges ebenso wenig,  wie  den  idyllischen,  mit  Granitblöcken  gespickten  kleinen  Mischwald   auf  einer  Anhöhe  zur  lin-ken Hand.   

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Unser "Ruck-Zuck" -  Entspannungssuchender  schenkt  auch den am  Rande dieses  Haines Block   auf  Block  von  den  Elementen zusätzlich  gigantisch  aufgeschichteten -  und  so  geradezu   "ins  Auge  springenden" -  hohen Steinformationen, infolge seiner noch  betrieblichen  Vereinnahmung,  keinen  Blick  :  "Habe ich  der Sekretärin  gesagt, dass Günter Ressl  (ein LKW-Chauffeur),  der am  Mittwoch vom  Krankenstand  zurückkommt, für eine Fahrt nach Saarbrücken  eingeteilt  ist ?"  Ein  Rabe  auf dem  Wipfel  einer knorrigen  Saumfichte  des  inzwischen  erreichten, angestrebten Na-delwaldes, entbindet mit  seinem lauten  "Kra-Kra"  den Wanderer einer Antwort,  auf  die  an  sich selbst gerichtete Frage. "Soll das die Begrüßung zum Eintritt in den Wald  sein?"  ruft der Gestress-      te  zur  eigenen  Verwunderung  über seine spontane Reaktion auf  das  Krächzen  des schwarzen Gesellen  in dessen  Richtung.  Der  Rabenvogel  scheint  jedoch   an  einem  "Gespräch"  mit  dem  "Erdmenschen" nicht besonders interessiert zu  sein :  Er  schwingt nach diesem  Zuruf  die  Flügel  und flattert - verfolgt  von den Blicken  des  "Waldforschers"  -  über  die  unter  ihm  liegenden  Kar-toffeläcker  durch  die  Luft,  bis  er nach  einigen  hundert  Metern auf  einer  kleinen Wiese landet. "Hier  ist  alles  ganz  anders  als  im  normalen Leben",  stellt  der  Urlauber  überrascht  fest  und   setzt seinen  Weg,  der ihm hier  etwas holpriger erscheint,  fort. "Aber das  passt  schon  -  herrlich  ruhig  ist es hier !"  -  stellt er erfreut  fest und nimmt sich gleichzeitig vor, nicht mehr  über  zu  Hau-    se nachzusinnen, sondern überlegt,  wie er und  seine  Frau  die  kommenden  drei  Wochen in die-   ser - was ihm inzwischen dämmert  -  ansprechenden,  ruhigen  und  "ganz anderen Welt"  verbrin- gen werden :

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                                                                               V                                                                                Fortsetzung von "...verbringen werden" :   


Viel  Spazierengehen,  Naturgeheimnisse  aufspüren,  Ausflüge  zu  Sehenswürdigkeiten  machen, "nicht  an  den  Alltag  denken",  Erlebnisse auf sich zukommen lassen,  aber auch Veranstaltungen  besuchen :  Im Hotel  gibt es eine Broschüre  "DAS   WALDVIERTEL  vom  Maibaumaufstellen -  Bur-gen, Schlösser und  Klöster - bis zum Oktoberkirtag",  die auch ein umfangreiches  Veranstaltungs-angebot enthält. Dieses  Prospekt  kann  ihm  und  seiner  Frau  Elvira  als  wertvolle  Hilfe für ihren  "Alternativurlaub" dienen. (Die "gestylten", "standardisierten" und  schrillen Massenversammlungen,  der  bisherigen  Urlaube,  sind  weit  in  den  Hintergrund  geraten).  Nach  etwa  300  Schritten  ver-lässt,  der,  ein  ruhiges  Plätzchen  zum  Hinsitzen Suchende,  den  Waldweg  und  wandelt wahllos zwischen den Bäumen herum.  Zehn  Minuten  später  trifft er auf einen  etwa  kniehohen  Ameisen-hügel,  auf  dem offenbar ein  konfuses  Durcheinander  herrscht.  Trotzdem sieht  er dem  emsigen  Treiben  interessiert zu  und  muss  nach  längerem  Beobachten  des   anscheinenden  "Wirrwarr's"   feststellen,  dass  keines  dieser fleißigen Tierchen  einen  "unnötigen  Schritt"  macht.  Jede  Bewe-gung   hat  ihren Sinn,  die im Detail -  wie  er daheim nachlesen  wird  -  z. B. dem  anspruchsvollen  thermischen  Wohnbau  für  den  Winter  im Inneren  des  Hügels,  der  Ernährung  des  Volkes,  der  Nachwuchspflege,  der Verteidigung  und  anderen  Lebensbelangen,  dienen.  Jede  eigene "Trup-pe"  hat  ihren Aufgabenbereich.  Er könnte  diesem  planmäßigen  "Getriebe"  stundenlange  zuse-hen. Da  er  jedoch von der  Wanderung  etwas  ausruhen  möchte,  muss er  weiter  eine  Rastmög-lichkeit  suchen  und  verlässt  schweren  Herzens  das  Wirkungsfeld   der  krabbelnden  Schwerst-arbeiter.  "Aber ich komme wieder",  verspricht  er seinen neuen  Freunden zum  Abschied.

Fortsetzung von Walderlebnisse :

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Wald - Balsam für Leib und Seele

Beim  weiteren  Hineingehen  in  den  Wald  achtet er  stets  darauf,  seinen  Hauptweg  immer  im   Auge  zu  behalten,  um auch  wieder heim  zu  finden.  Endlich  erblickt  er  in  einiger  Entfernung       bei  zwei  mittleren  Buchen  einen  Baumstrunk  zum Niedersitzen. Er legt seinen Pullover auf den Holzstock  und  setzt  sich. Plötzlich  sind  sie  wieder  da  die  Fragen  von  zu  Hause:  "Habe  ich     Oma und den Kindern  gesagt,  dass  sie  "Ronax " (dem Haushund)  jeden  Tag  in  der  Früh  auch  einen Napf voll  frischem Wasser hinstellen müssen?"

Wer nie vom Weg abkommt,     

                             bleibt  auf der  Strecke ?!?                                                                                         ***********

"Was  phantasierte  ich  da  wieder  herum",  ärgert er sich über seine wieder  einmal  auftretenden Gedanken an daheim. So komme  ich  n i e  zur Ruhe!  Das  ist  doch  alles  nur  psychischer Ballast, um  das  innere  "Freiwerden"  zu verhindern ! -  "Weg  ihr störenden Alltagsprobleme !" -  Aber  was war das?  Zwitscherten  hier  Vögel?  Tatsächlich,  das gefiederte Volk führt in den Bäumen anschei-nend einen melodischen Dialog.  Der "Waldbesucher" schließt  die Augen:  Man sollte  halt  die  ein-zelnen  Stimmen  richtig  zuordnen  können :  Buchfink,  Rotkehlchen, Meise?  Führen  sie  Liebesge-spräche  oder  geben  sie  ein  Konzert ?  In der Ferne   hackt  ein  Specht  wie  verrückt :   "Nur  die Augen nicht öffnen !  -  Die gute Luft !"  Denn jetzt nimmt er auch das  das dezente  Fluidum  der  ä- therischen Öle und Harze  in der Atmosphäre und von den Bäumen wahr. Ein wohliges  Gefühl um-gibt  ihn.  Doch im gleichen  Moment  wollte sich  schon  wieder eine  Angelegenheit  existenzieller  Natur einschleichen. Das empfindet der  gerade dem Trubel entronnen  Geglaubte als unfaire,  hin-terhältige "Belästigung"  und  er  drückt  als  Reaktion darauf   die Augen  noch  fester zu :  So ging das nicht weiter :  Er  musste  eine  Methode  finden,  wie  er  die  "Welt  von  da  draußen"  von sich  fern  halten   konnte.  Allmählich  nimmt  eine  Idee  Formen  an:  Nichts  tun - gar  nichts  tun!  Und schon gar  k e i n e n   H  O  S -  S  !   N i c h t  zwanghaft  "Abschalten" !   Kein  kon-zentriertes  Meditieren!  Nicht  gewaltsam  Entspannen-Wollen !  Sondern :  Mit geschlossenen  Au - gen   den  Gedanken  freien Lauf  lassen.  Aber auch dieser  Versuch  scheint  in  die  falsche  Rich-tung  zu gehen :  Sein Sinnen kehrt diesmal  zu  einer  "logistischen  Angelegengenheit"  in  der  Fir-  ma  zurück.  Dieses  Thema kommt ihm  jetzt  ganz zur Unzeit.  Doch noch während er sich  "selbst-ergeben"  fügen  will,  führt  ihn diese  betriebliche  Szene  gedanklich  zum  "geordneten  Werksab-lauf"  der  Ameisen,  was  ihn  mit  großer  Befriedigung  erfüllt.  Nun  dreht  sich  sein  Denken  nur  noch  um  die  kleinen   rührigen  Krabbler.  Im Geiste  "sieht"   er  das  rastlose  Gewusel  auf   dem  aufgebauten  Nadelstreu-  und  Kleinstholzhügel,  der  in  Wahrheit  ein  hochorganisiertes  "Unter-nehmen"  ist.  Und,  wie  verständigen  sie  sich ?  Bei  diesem  Grübeln  überkommt  ihm  eine  ihm  ganz  unbekannte  Entspannung  und  innere  Ruhe. Obwohl  er  gerne  wüsste,  wie spät  es  inzwi-schen  ist,  verzichtet  er  darauf, die Augen  zu  öffnen und  auf  die  Uhr zu  schauen :  "Gar  nichts      t u n...!!!"                                                               V

Endlich  fühlt  er sich  seinem Wunsch der  Verinnerlichung  näherzukommen.  Das ständige  Verlan- gen,  die  Augen  zu  öffnen,  ist weg.  Die  Lider  werden  schwerer.  Ihn  interessiert  nichts anderes  mehr  als  die  "Ruhe".  Die  Gedanken setzen   mehrmals hintereinander aus und  wollen  nicht mehr mittun.  Allmählich  bemächtigt  sich seiner ein geistiger Dämmerzustand, während  der "Weltflüchti-ge"  noch immer die sanft würzige Aura des Waldes wohltuend  wahrnimmtDoch  eine  sich  unbe-merkt  eingestellte  Müdigkeit  bemächtigt  nun alle seine Sinne und ganz unbewusst fällt er in eine wohltuende Umnachtung,  die  sich  angenehm  befreiend anfühlt,  bis er  schließlich  in  eine bese-ligende  "Weltentrückung"  versinkt. 

Der laute Ruf  eines Falken, der über  den Wipfeln seine Runden   zieht,  stört  den "Waldträumer"  in   seinem wonnigen Schlummer. Er muss sich erst fassen und kehrt etwas betrübt in die Realität zurück. Sein erster Blick gilt der Uhr : "Da habe ich jetzt ja fast eine ganze Stunde geschlafen und bin eupho-risch über den  Wolken  geschwebt",  reagiert er  schließlich völlig  gelassen über die Störung  durch   den Schreihals. "Jedenfalls  war es ein  wunderbares Erlebnis,  das mir mit meinem  "Gar-nichts-tun"  widerfahren ist",  stellt er - mit  sich und  der Welt im Einklang -  fest.  Dabei  ist er sicher,  dass dieser ersten einzigartigen "Alltagsleben-Ausschaltung"  und der damit verbundenen wonnevollen  "Selbst-begegnung"  noch  weitere  so  zwanglose  "Verinnerlichung"  folgen   werden.  Auf  dem  Rückweg     aus dem  Forst fällt ihm auf,  dass keine Vogelstimme zu  hören ist.  (Das "geflügelte Volk" ist wegen   dem  feindlichen  Falken  in  Deckung  gegangen).  Außerhalb  des  Waldes  bemerkt  er  auf  einem  Wiesenbuckel  mehrere  Krähen,  die  sich  hüpfend  und  krächzend  wahrscheinlich  darüber  unter-halten, wo  es für  ihre  hungrigen  Schnäbel  etwas  zu  holen  gibt.  Überhaupt  scheint sich die gan-  ze  Gegend  hier  "verändert  zu haben?" :  Er  sieht  nun  nebenan   einen  plätschernden Bach  und  am  Waldrand  eines  Hügels einige  riesengroße  Granitblöcke,  einzelne  Vögel  und   Schmetterlin-ge,  von  denen  er  sogar  einen   als   "Zitronenfalter"  erkennt.  "Warum  habe  ich  das  alles nicht schon  am  Hinweg  bemerkt",  fragt er sich und  fühlt sich dabei wie neu geboren.  Im  Weitergehen entdeckt  er  gegenüber dem im  Tal  liegenden Ort  einen großen  Baumbestand,  bei  dem  es  sich um  einen  Hochwald  handeln  dürfte. "In  diesem  Forst  werden  meine  Frau  und  ich,  wenn  das Wetter  passt, übermorgen  gemeinsam eine "Gar - nichts - t u n  -  Stimulierung  versuchen",  beschließt   er froh gestimmt.   Da  "seine Elvira"   eine  begeisterte  Naturfreundin  ist,  wird sicher mitmachen,

Loslassen - Freiwerden - R e g e n e r i e r e n

ZUHAUSE ERZÄHLT  er  dann  Elvira  haargenau  von   seinem   "Traum-Erlebnis"  und   sie  stimmt gleich  zu, dass  sie am Donnerstag   (Morgen  steht  ein  Museumsbesuch  in  Eggenburg  fest)  ge-meinsam  seine  Methode  der  "Weltdistanzierung  und  Selbstregenerierung"   ausprobieren  wer-den.  Entsprechend  ausgerüstet,  wählen  sie dann  nach einem  Tag,  einen  etwas  ansteigenden  Pfad,  der  eine  Abkürzung  in  Richtung  des angestrebten  Waldes bildet,  um dort  einen ruhiges  Plätzchen  zu finden,  wo  man  seine  hinderlichen  "Alle-Welt-Gedanken"  los werden kann. Auf ih -   rem Weg  geniessen sie bewusst die gute Luft und außergewöhnlich geruhsame Umwelt  mit  meh-reren  blühenden Mohn-  sowie zahlreichen Kartoffel- und  blauen  Flachsfeldern.                                                                                                                                                                                                                                                                  V       

                                                                                                            

                                                                                           

GELEGENTLICH  nennen  sie  die Namen  der  Blumen, die  entlang  des  Weges  wachsen. Beson- ders angetan sind sie auch von einzelnen  kleineren  Nadelwäldern in  "greifbarer"  Nähe und dem ebenso  malerischen  Waldpanorama   in  der Ferne. Entspannt  plauderten  die  beiden nebenbei  über den  gestrigen  Besuch im Museum mit  einer  Sammlung  von  urzeitlichen  Exponaten  und  Skeletten  aus der  300 - millionenjährigen  Erdgeschichte.  Er :  "So  viele  Millionen Jahre Vergan-genheit zu dokumentieren,  das ist schon imposant und heute..." - "Halt, bleib steh´n, Joachim!",  unterbricht  ihn  seine  Frau  unerwartet vehement,  als sie an einer  Birken- und  Föhren-gruppe vorbeikommen,  in  deren  Bereich  mehrere riesengroße  Steinblöcke  liegen.  In  vielen Jahren  hat  sich  auf  der Oberfläche dieser Felsen  eine  Schicht  aus Erde,  Streu  und Nadeln angesammelt.  Dieser Humus  bildet die  spärliche Grundlage für einige klei-    ne Birken- und Nadelholzsprösslinge.  Elviras  Aufmerksamkeit  gilt  jedoch  nur  den Wur-zeln  einer  etwa  drei  Meter  hohen  Föhre,  die  auf  einer  breiten  Abstufung  des  Fels-blockes  steht.  "Da  schau  dir  das  an !",   sagt  sie  zu  ihrem  Mann und  zeigt  auf  eine,  zum Teil aus der Erde hervorschauende - zirka  70  Zentimeter lange Wurzel des Baumes,  die einen selbstständigen Weg über den Stein genommen  hat  und  dann  in  einer Kluft  zwischen  zwei  Blöcken Richtung  Boden  verschwindet.  FÜR  DIE  WANDERER   ist  das     ein  botanisches  Phänomen :  Der  eigenwillige  Erdtrieb  besorgt  so  zusätzlich  für  den  Baum  Nährstoffe  und  Feuchtigkeit  aus  dem  Boden. "Wie  gibt  es das ?,   fragt er. Wie  weiß  die  Wurzel,  w o   sie  zu   Nahrung  und  Wasser  kommt ?"  Elvira meint,  dass  der Grund  dafür atmosphärisch - hydrologische  und  geologische  Strahlen und  Adern sein könnten. Worauf er erwidert:  "Du mit deiner Wissenschaft - für mich ist das ein Wunder !"  Als Elvira mit den  Worten:  "Wahrscheinlich  haben  wir  beide  nicht unrecht !" - einlenkt,  bleibt  für  die  beiden  "Entdecker"  lediglich  die  Erkenntnis,  dass  die  Natur  nicht  nur  keinen Fehler machen   kann,  sondern  im  Verborgenen  "nebenbei"  auch wunderbare,  außernatürliche Werke  hervorbringt, an denen die Menschen "achtlos vorbeigehen".  Im Weiterwandern sind sie sicher, dass das Waldviertel  -  wenn beide aufgeschlossen ihren Sinnen vertrauen  -   für sie noch  "einige"  ungewöhnliche  "Geheimnisse"  bereithält...!    

ALS  sie  nach  einiger  Zeit  in  den angestrebten Wald hineingehen, sind  sie zuerst von den vielen ho-hen   Bäumen  überrascht.  Im  Stillen  hätten  sie  sich   eine  etwas  "reichhältigere"  Atmosphäre  ge-wünscht.  Sie schreiten daher  weiter und  stellen nach einer  Viertelstunde  fest,  dass  die hohen Stämme  etwas  zurückweichen,  daher  beschließen  sie  den Waldweg zu  verlassen. "Merk´ dir den Weg",  sagt  die Frau.  Er  murmelt  nur:  "Ja,  ja".  Der  Mann  blickt  stets  suchend  herum,  während  sie  hinter  einer  Lichtung   einen  Jungwald  entdeckt  hat  und  diesen   gezielt  anstrebt.  Als  auch  Joachim  dort  ein-trifft,  hat sie schon das Gelände erkundet und präsentiert es  ihm  begeistert. Tat-sächlich  scheint   der  Platz  ideal  für  eine Rast.  In  einiger Entfernung  erschwert  eine Anhöhe mit  einem  "Gebirge"  von  teils mit und  Moos  bedeckten,  mächtigen Steinen  ohnehin  ein  Weiterkom-men in dieser  Richtung.  Zwischen  höheren  Bäumen und  dem Jungforst   bietet  eine  kleine  Gras-  und  Heidekrautfläche  einen  Platz  zum  Verweilen.  "Das   ist   für  uns  wie  geschaffen",  meint  er  und  breitet  gleich  seine  mitgebrachte  Decke  auf  einer  kleinen  Grasfläche  neben  dem Beeren - kraut  aus.  Die  Frau  stellt  in einiger  Entfernung  ihren  Klapphocker  an  eine  mittelstarke  Lärche  und  setzt  sich  hin,  wobei  sie  den  Stamm  als   "Rückenlehne"  verwendet,  da  sie weiß,  dass  im  Inneren  des Baumes  heilsame  Substanzen  strömen,  die  dann  zum  Teil  auch die Aura  des  Wal-des  bereichern.  Elvira  wirft  noch   einen  Blick  in  Richtung  ihres  Partners,  kann  ihn  aber  nicht erblicken. Sie  steht  nochmals  auf  und  da  sieht  sie ihn,  "alle  Viere"  von sich gestreckt auf  einer  Grasfläche zwischen  den Beerenstauden liegen. "Na,  um den brauch´  ich mir keine Sorgen zu  ma-chen",  sagt  sie   zu   sich  selbst  im  Niedersetzen.   Was  hat  er  gesagt ?   Erstens,  die  Augen zu-machen,  zweitens,  nichts  Bewusstes  denken  und  nichts  tun,   drittens,  die  Augen  geschlossen    halten.   Gut,   sie   schließt  die  Augen.  ( "Das  war  kein  Problem...!" )  Aber :  Nichts   denken  und  Nichtstun,  wie  soll  d a s   gehen?   Ihn  kann  sie   jetzt   auch nicht  fragen.  Je  mehr  sie  sich   an-strengt,   nichts  zu   denken,  umso   mehr  Gedanken  und   "Dinge"  stürmen  auf  sie  ein.  Sie  er-innert   sich  an  die  Tipps   ihres  Mannes:  Nicht  wehren,  nicht   gewaltsam  alles  ausschalten  wo-llen:  "Gar - nichts - tun ! ".   Als  in  der  näheren  Umgebung  eine  Wildtaube  gurrt,  öffnet  sie  kurz  die  Augen.  "Oh   Schreck,  das  darf  nicht  mehr  passieren!",   flüstert  sie.  "Aber  warum   gibt  es  hier  keine Vogelstimmen?"  Im gleichen Moment erkennt sie, dass sie  sich  zu  wenig  an  die  "Vor-gaben"  des "Nichts  Realistisches denken - nichts  tun!,"  hält. Und so nimmt  sie  sich vor :  Einfach  alles   geschehen  zu  lassen,   was  bei  geschlossenen  Augen  kommen  will.  Dabei   hilft  ihr  die  Erkenntnis,  "dass -  ja  eigentlich  momentan  eh´  nichts  wichtig ist".   An etwas Schönes denken !  Aber da kommt ihr  -   zum Trotz -  plötzlich das  ärgerliche, falsche Abzweigen mit dem Auto  in den  Sinn,  zu  dem sie  selbst  ihren  Mann  während der Fahrt  nach  Eggenburg  ungewollt verleitet hat.  Und  sie  dann  einige  Kilometer in die verkehrte  Richtung  gefahren  sind.  Während   der  ganzen Rückfahrt  auf  dieser  falschen  Strecke  war  Joachim  sehr  einsilbig... :  "Wenn  er  wenigstens  an-tändig´  geschimpft  hätte...!")  Aber  was  soll  der  Schmarrn  hier?   Es  ist  sicher  nicht  im   "Sinne    des  Erfinders",  wenn ich hier solche  Missgeschicke verzapfe !   So   ein  "negatives  Zeug",    kann  nicht zum gewünschten  "Ruhigwerden" führen.  Nach  einer   längeren   Weile  des   "In - sich - Hin-einhorchens",   wird  sie  tatsächlich  spürbar  gleichgültiger.  Ihre  Sinne  werden  jetzt  zu  den  be-moosten  Steinen  da  vorne  gelenkt.  "Gut  von  mir  aus".   Doch  auch  dafür  nehmen ihre  Gefüh-   le  bald wieder  ab. Langsam bemerkt  sie,  dass sie eigentlich  gar  nichts  richtig  interessiert,  son-dern  ihr  die  Stille  das  liebste  wäre.  Aber  "wie  es  halt  immer auch  ist,  die  Augen  bleiben  je-denfalls   z u  ! ".  Angenehm  empfindet   sie  die  zart  harzige  Waldluft  und   die  ungewohnte Be-haglichkeit.  Nur  die  Taube  gurrt  in  unregelmäßigen  Abständen.  (Aber das hört sie schon nicht      mehr  richtig).  Allmählich  stellt  sich  auch  eine  -  nicht  unerwünschte  Gleichgültigkeit - ein   und    so besteht  jetzt  auch  keine  Gefahr  mehr,  dass  sie die Augen willkürlich  öffnet.  Das Letzte,  das  sie einnickend  denkt  ist :  Hier  möchte  ich  i m m e r  sitzen   bleiben.  Das  inzwischen  leise  Zwi-tschern  einzelner  Vögel  geht  jetzt  im Dämmerschlaf unter...

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JOACHIM  glaubt  schon  Routine  zu  haben.  Aber  weit  gefehlt ! Als  er  die Augen schließt, schie-     ßen gleichzeitig die Gedanken  ein :  Morgen  fahren  wir  nach  Rappottenstein,  wo eine Burgbesi-chtigung  geplant  ist.  Muss  ich  vorher  tanken?  - "Nein, so geht das nicht !" Was hat dieses unge-bührliche "Getue" da  in  diesem Wald  verloren?  Indessen hat  er auch  ganz  auf  "seine  Theorie"  vergessen :  Gar nichts tun,  sich nicht wehren,   Gedanken  an  "die Welt da  draußen  müssen  für  ihn  Luft  sein ".   Wichtig  ist  jetzt  nur :  Augen  zu  und  "geistig  einschränken´".  Das  Empfinden,  dass  es  momentan  nichts  Sinnvolleres gibt,  als  hier  zu  liegen,  verleiht  ihm  eine   große  inne-     re  Genugtuung.  Als  sich  schließlich  seine  Ameisen  "einschleichen",   wird  er  von  dieser  eige-  nen  Welt  vereinnahmt  und alles  nimmt  seinen  gewohnten  Lauf.  Nach  einigen  Minuten  "über-wältigen"  die  unzähligen,  vor seinen geschlossenen Augen rastlos  krabbelnden   Ameisen,  sein   bereits  getrübtes  Bewusstsein,  bis  ihn schließlich  das  "ganze Volk"  in  der  harmonischen  For-mation  einer  ständig  größer  werdenden  imaginären  Spirale,  all´  seiner  Gedanken  entbindet...               

           VOM  WALD HABE ICH  MEHR GELERNT,       ALS AUS ALLEN  BÜCHERN DER WELT"                                                                                                        (Bernhard v. Clairvaux, Abt u. Mystiker um 1200)                                                                   

 ELVIRA  erwacht   nach  einem  längeren  tiefen Schlaf  und  dem  schönsten  Traum  ihres  Lebens,  inner-  halb  etwa  einer  dreiviertel Stunde.  Sie  fühlt  sich glückselig  und  will  diesen  Zustand voll  genießen.  Als  sie sich nach etwa  zehn  Minuten erhebt  und  in Richtung ihres Mannes schaut,  ist  die Decke  leer :  Er wandert  über einige hundert Meter entfernt  suchend  herum.  Nach  längerem  Winken und  halblauten Rufen,  kommt er  dann  näher.  Sie geht ihm ein Stück  entgegen. Dann fallen sie sich - beide sichtbar glücklich  - lachend  in  die  Arme  und  tauschen  ihre  Erfahrungen  aus. Die  Frau fragt  ihn  lächelnd: "Hast du einen Ameisenhügel gefunden?".  Er steigt auf diese  "anzügliche" Frage  nicht  gleich ein :  "Wieso, ich  habe ja Schwammerl gesucht ?  Trotzdem  werde  ich dir  Übermorgen die  Wunderwelt 'meiner'  kleinen  Koryphäen  zeigen".  Sie  freuen  sich  beide schon heute  auf  die  damit  verbundene  "Waldinspirierung"  und  genießen  noch  einige  Zeit  das  behagliche  Flair  ihres Rastplatzes,  dann  wandern  sie  Hand  in  Hand  zurück.  Wie  beim  Hingehen, bezeich-nen sie  wieder  die  ihnen  bekannten  Blumen und  Pflanzen  am  Wegrand :   "Buschwindröschen,   Spitzwegerich,   Waldveil-chen,   Storchenschnabel,  Schafgarbe..."                                                                                      Elvira  kennt   auch   einige  herumschwirrende  Schmetterlinge :  "Schwalbenschwanz,  Tagpfau-     enauge, Großes  Ochsenauge".  Jochim  will  mitreden  können : "Und  wie  heißt   der  gelbe  da ?",    fragt  er  scheinheilig.  Darauf  sie :  "Na,  den  kennt  doch  jeder  Depp,  das ist der  Zitronenfalter."  Joachim verschlägt  es die Rede.  Er wollte sich aus  der  Affäre  ziehen  und  sagte  zu  seinem  Ver-hängnis :  "Ich  hätte  es  ohnehin  gewusst,  ich  wollte  dich  nur testen". - Sie  revanchierte sich be-lustigt :  "Darum  sagte  ich  ja,  den  kennt  jeder  Depp !"  Da  hörte  sich  doch  alles  auf :  Aber  er  stieg   blitz-artig   auf  die   Blödelei  ein.  Also  fragte  er,  mit  der  Hand  in  eine  Richtung zeigend :  "Und  wie  heißt  der  blaue  dort ?"  Sie: " Wo,  wo ?  Blau ---?"   Er :  "Jetzt  ist  er  weg,   das war ein  "Pflaumenfalter !".  Sie  (skeptisch) :  "Gibt's  den überhaupt?".  Joachim : "Ja, sicher !  Weißt  du  das nicht ?  Den  kennt doch  jedes  kleine  Kind !"  Elvira  tat  als hätte sie nichts gehört,  ließ aber nicht  locker :  "Da muss  ich im Quartier dann im Buch  Flora und Fauna  nachschlagen."  Das saß !  Oh,   je !  Sie hat mich durchschaut !  Ich  bin  wirk-lich ein Depp.  Ich werde  ein Geständnis machen. Aber  sie  kam  ihm  zuvor und erklärte frohgemut :  "Joachim,  ich nehme  den  "Depp"  zurück,  aber deinen "Zwetschkenfalter" kannst  du  nicht  zurücknehmen,  den gibt es nämlich wirklich nicht  ! ! ? Er : "  Na schön. Gehen wir weiter und reden wir über die  Ameisen.... !"  Sie  (letztes Wort - - - !) :  "Ja,  die haben - leider -  alle  die  g l e i c h e   F a r b e  !" . . .

                                                                                          V                     

                                                                       V        


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